- am 26.03.2018
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- in der Kategorie Bus
Busse der BVG künftig ohne Abgasemission unterwegs - und ohne Fahrer
Mit dem Betrieb autonom gesteuerter Mini-Busse wagt die BVG in Kooperation mit der Universitätsmedizin der Charité sowie dem Land Berlin in der Hauptstadtregion sowohl einen entscheidenden Vorstoß auf dem Gebiet führerloser Fahrzeuge im Zusammenspiel mit dem Individualverkehr auf der Straße als auch einen weiteren Schritt hinsichtlich des Betriebs von elektrisch betriebenen und somit umweltschonenden Fahrzeugen.
Das im vergangenen Sommer erstmals vorgestellte Projekt "Stimulate" kommt nach umfassenden Testläufen von heute an richtig in Fahrt. Zunächst rollen die Hightech-Fahrzeuge auf dem Campus der Charité in Mitte und stehen dort Klinik-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern, Studierenden, Patienten sowie Besuchern und Technikfans öffentlich zur Verfügung, bevor ab Mitte April die Nutzung zweier weiterer, auf dem Campus Virchow-Klinikum stationierter Busse der französischen Hersteller Navya und EasyMile auch dem dortigen Publikum möglich sein wird.
Berlins regierender Bürgermeister, Michael Müller, zum Start des Projekts:
„Wir haben uns das Ziel gesetzt, Berlin zu einer der führenden 'Smart Cities' zu machen. Dabei spielen unsere Landesunternehmen und Forschungseinrichtungen eine wichtige Rolle.“ Das Projekt von BVG und Charité sei dafür ein perfektes Vorzeigebeispiel. „Mit innovativer Technologie gestalten wir gemeinsam ein zukunftsträchtiges Mobilitätsangebot, das den Menschen in unserer Stadt zugute kommen wird“, so Müller weiter.
Berlin werde zusammen mit Charité und deren Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaften die Akzeptanz sowie weitere praktische Aspekte des fahrerlosen Betriebs untersuchen. Das Forschungsprojekt, dessen Budget sich auf rund 4,1 Mio. Euro beläuft und vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit mit etwa 3,2 Mio. Euro gefördert wird, läuft noch bis Frühjahr 2020.
„Wir wollen erforschen, ob man mit diesem Ansatz mehr Menschen zum Umstieg auf den ÖPNV bewegen und so die Umwelt entlasten kann“, so Svenja Schulze, Bundesumweltministerin. Dabei gehe es unter Anderem um die Frage, inwieweit autonomes Fahren von den Fahrgästen angenommen wird, um die Effizienz des Einsatzes weiterer autonom betriebener Busse zu ermitteln. Digital vernetzte, emissionsfreie Mobilität biete „eine große Chance, Umwelt- und Lebensqualität in Stadt und Land mit flexibler Mobilität zu verbinden“, betont Schulze.
Mit Zweifeln und Skepsis angesichts des tödlichen Unfalls durch einen selbstfahrenden PKW in den USA dieser Tage räumt sie im Gespräch mit BahnInfo auf und beruft sich dabei auf die deutlich geringere Geschwindigkeit der "kleinen Gelben", wodurch diese ihr Tempo deutlich schneller drosseln könnten. Allgemein sei die Gefahr von Personenunfällen in Anbetracht der zum Einsatz kommenden Technik nicht gegeben.
Für die Charité als Campis mit deutlichem Bezug zu medizinischen Forschungseinrichtungen im Dienste des Gesundheitswesens geht es neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen auch um den ganz praktischen Nutzen der fahrerlosen Gefährten. So äußert sich Prof. Dr. Karl Max Einhäupl, Vorsitzender der Charité, zuversichtlich, vergleicht Campus Charité Mitte wie auch die Einrichtungen um das Deutsche Herzzentrum am Campus Virchow-Klinikum verhalten mit kleinen Mikrokosmen, „in denen sich Patienten, Besucher, Mitarbeiter und Studierende bewegen.“
Man erhoffe sich durch das Projekt "Stimulate", das bereits bestehende Transportangebot für sie künftig erweitern, dadurch ihren Alltag erleichtern zu können.
Anlass für Scheu vor der neuen Technik bestehe für die Fahrgäste nicht, denn in der Anfangsphase ist immer eine „Begleitperson“ mit im Fahrzeug, die notfalls eingreifen kann, wenn die hochsensible Technik mit einer Verkehrssituation nicht zurechtkommt. Dies ist mit am ehesten der Fall, wenn ein noch nicht im System registriertes Hindernis beispielsweise den Bus an der Weiterfahrt hindert.
Ab dem Frühjahr 2019 sehen die Verantwortlichen das Fahren ganz ohne erforderliche Begleitung vor.
Da die zwei Standorte in Mitte und um das Virchow-Klinikum aufgrund ihrer Größe über ausreichend Testfläche verfügen, eignen sie sich als vom öffentlichen Straßenland abgegrenzte Areale ideal für die Testphase. Gehwege, Kreuzungen sowie das Verkehrsaufkommen durch andere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer, aber auch motorisierter Individualverkehr und Busse bilden den Berliner Verkehrsalltag nahezu vollständig ab, nur im kleineren Maßstab.
Die Vorsitzende der BVG, Dr. Sigrid Nikutta, unterstreicht abschließend ihre Erwartungen des Zukunftsprojekts für ihr Unternehmen. Sie erwartet wichtige Erkenntnisse über Potenziale der noch jungen Technik, beispielsweise als mögliche Ergänzung zum Hochleistungs-ÖPNV oder auf schwach frequentierten Strecken wie vom Haustür-Service bekannt: „Für uns ist klar, dass wir die Mobilität der Zukunft in unserer Stadt mitgestalten und maßgeblich prägen werden“ und ihr Vorstandskollege Dr. Henrik Haenecke, der auch für die Digitalisierung zuständig ist, ergänzt:
„Mit Projekten wie Stimulate bauen wir unsere Kompetenzen weiter aus, um mit neuen Techniken einen noch attraktiveren Nahverkehr anzubieten.“
Unterwegs sind die kleinen Hightech-Busse mit Platz für zwischen sechs und elf Fahrgästen anfangs von Montag bis Freitag zwischen 9 und 16 Uhr.
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