- am 03.04.2007
- auf der Aktuellseite Berlin-Brandenburg
- in der Kategorie S-Bahn
Weitere 20 Jahre, bevor S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke kommt?
Am 15.11. letzen Jahres war es endlich (einmal wieder) soweit. Seitens des Landes Berlin und der Bahn hieß es: Jetzt geht's los, wir fangen an, den S-Bahnhof Kolonnenstraße zu bauen. Ein ambitionierter Zeitplan wurde vorgestellt und die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer versicherte während des obligatorischen Spatenstichs zusammen mit den Vertretern der Deutschen Bahn AG, man werde auf jeden Fall zum Frühjahr 2008 fertig werden wollen. Mit dem aktiven Baubeginn der rund 6,4 Millionen Euro teuren, 152,5 Meter langen behindertengerechten Station mit Außenbahnsteigen und jeweils zwei Ausgängen sowie Aufzügen zu den nördlichen Seiten, sei schon zum Winter zu rechnen.
Ein weiteres Mal scheint man so die Tradition der Lippenbekenntnisse an der Kolonnenstraße fortführen zu wollen. Denn, außer, dass mittlerweile der endgültige Name für die künftige Station nahe des Kaiser-Wilhelm-Platzes mit Julius-Leber-Brücke feststeht, steht gar nichts. Jedenfalls nicht offensichtlich. Kein Kran und kein Bagger, keine Schaufel und kein Presslufthammer, lediglich das Wort scheint zu stehen, doch auch das mehr im Raume als anderswo. Daran jedoch dürfte man sich im Areal entlang der Schöneberger "Insel" - dem Wohngebiet zwischen den Gleisen der S1 und S2 - längst gewöhnt haben. Bereits 1984, dem Jahr der Übernahme der S-Bahn durch die BVG, war unter dem Verkehrssenator Elmar Pieroth (CDU) der Wiederaufbau Kolonnenstraße beschlossene Sache. Nach einem Architekturwettbewerb im Jahre 1987 kündigte man dann 1988 den in Sichtweite liegenden Baubeginn auf der S1 an, bevor nun im letzten Jahr unmittelbar vor den Wahlen des Abgeordnetenhauses durch den Senat ein solcher versprochen und im November der obligatorische Spatenstich vollzogen wurde.
Eine Unsitte, wie es das Bündnis '90/Die Grünen bezeichnet und befürchtet, dass es jetzt wieder 20 Jahre dauern könnte, bis dass etwas geschieht.
"Mit großem Gedöns erfolgte letzten Herbst der erste Spatenstich am Bahnhof Kolonnenstraße. Seit dem ist kein Baufortschritt erkennbar. Wann es den zweiten Spatenstich geben wird, ist unklar. Das geht auf die Antwort auf eine Kleine Anfrage an den Senat hervor", erklärt die verkehrspolitische Sprecherin, Claudia Hämmerling, der Partei.
In der Replik des Senates heißt es dagegen, dass man gleichwohl begonnen habe, die Projektierung der Maßnahme anlaufen zu lassen. "Am 01.09.06 wurde die finanzielle Baufreigabe durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) erteilt. Bedingt durch die Ausschreibungsrichtlinien (Angebots-, Zuschlags- und Bindefristen) wurde das Ingenieurbüro zur Erstellung der Ausführungsplanung am 01.11.06 gebunden. Im Dezember 2006 und Januar 2007 wurden schon bauvorbereitende Maßnahmen an den massiv vorhandenen Kabelanlagen an der Strecke S1 durchgeführt. Diese Arbeiten spielten sich hauptsächlich in den Bahnhöfen Großgörschenstraße und Schöneberg ab. Seit Februar werden die Baumfäll- und Rodungsarbeiten durchgeführt und der Rückbau des Baulogistikgleises erfolgt zurzeit parallel“, teilt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in ihrem Schreiben mit. Als ungerechtfertigt bezeichnet man desgleichen den Vorwurf, die, bautechnisch gesehen, günstigen Witterungsbedingungen verstrichen haben zu lassen.
"Das gute Wetter in diesem Winter wurde sehr wohl genutzt. Zudem wurde im Interesse der Bürger die Ausführungsplanung aus dem Entwurf heraus weiter optimiert, mit dem Ergebnis, dass unter anderem die notwendigen Eingriffe in den Naturhaushalt von vormals 70 Baumfällungen auf nun aktuell 30 reduziert werden konnten. Dies kommt nicht nur der Umwelt, sondern auch den Bürgern der anliegenden Straßen zugute, da der Baumbestand im S-Bahn-Einschnitt einen erheblichen Sichtschutz zur S-Bahn-Trasse bildet. Durch diese Optimierung erfolgte weiterhin eine erhebliche Reduzierung des Schwerlastbaustellenverkehrs, da durch die neue Lage der Baustraße eine erhebliche Reduzierung der Schüttgutmassen, in Höhe von ca. 1.500 m³, erreicht wurde. Auch der finanzielle Aspekt muss hier betrachtet werden."
Trotz der Erklärungsversuche hält Claudia Hämmerling die Aktion des Spatenstichs für populistisch und bewertet das Vorgehen fast zynisch mit den Worten, dass es "gar nicht schön ist, dass die Schöneberger bei diesem Bautempo weitere 20 Jahre auf diesen Bahnhof warten müssen".
Bild: Der Spatenstich am 15.11.2006 mit Ingulf Leuschel Deutsche Bahn, Senatorin Ingeborg Junge-Reyer und Bürgermeister Ekkehard Band. Außer ihm ist bislang augenscheinlich wenig geschehen. © Christian Linow
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