- am 18.05.2010
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München modernisiert Trambahnen - fast - komplett

Die Münchner Verkehrsgesellschaft hat am 17. Mai 2010 ihren ersten modernisierten Wagen vom Typ R2.2 vorgestellt. Bis Ende 2011 sollen von den 68 im Bestand befindlichen Zügen insgesamt 50 Stück aufwendig überholt werden. Die Trambahnen der Baureihe R 2.2 stellen damit den zahlenmäßig größten und damit wichtigsten Bestandteil der Münchner Trambahnflotte.
Dass gerade einmal 15 Jahre alte Schienenfahrzeuge grundlegend modernisiert werden, ist ein Novum in München. Immerhin befinden sich im Bestand von Tram und U-Bahn gut 40 Jahre alte Fahrzeuge, die sich bis heute nahezu im Originalzustand präsentieren. Hauptanlass für die Modernisierung der Tramflotte ist somit auch ein technischer. Die R 2.-Wagen besitzen einen Fußboden mit Holzaufbau. Im praktischen Betrieb hat sich nun gezeigt, dass eine absolute Abdichtung beim Fahrzeugaufbau des R 2. nicht zu erreichen ist. Die Anschlussstellen zum Fußboden werden immer wieder undicht, so dass Feuchtigkeit eindringt und den Holzfußboden schädigt. Der Holzboden wird nun durch einen speziellen Kunststoffaufbau ersetzt. Dieser verspricht neben einem geringen Gewichtsvorteil auch hervorragende Schalldämmwerte.
Nachdem die Züge aufgrund der in München intensiven Inanspruchnahme auch optische Mängel aufweisen, nutzt man die Gelegenheit für ein Redesign des gesamten Fahrgastraumes. Das dazu erforderliche Gestaltungskonzept wurde in Zusammenarbeit mit „ergon 3“ erstellt. Das Münchner Designbüro hatte bereits am Innendesign der Variobahn mitgewirkt. Die Erneuerung der Fahrzeuge erfolgt gemäß des vorgestellten Prototyps. Sie wird von den Firmen Vossloh Kiepe und IFTEC am IFTEC-Standort in Leipzig durchgeführt. Dort werden in den kommenden Monaten jeweils zwei Züge gleichzeitig überholt. Die IFTEC, ein Tochterunternehmen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), hatte sich in einer Bietergemeinschaft mit der Firma Vossloh Kiepe (Düsseldorf) im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung durchgesetzt. Das Investitionsvolumen für die Modernisierung der 50 Züge beträgt rund 16 Millionen Euro.
Der neue R 2 bekommt nun einen dunklen Fußboden, womit das Manko des bisherigen weißlichen Belages mit seiner großen Schmutzempfindlichkeit beseitigt wird.
Durch eine Neuanordnung des Sitzplätze möchte man die Gesamtkapazität der Wagen von 156 auf 164 steigern. Das geht allerdings zu Lasten der Sitzplatzanzahl, die um vier Plätze reduziert wird.
Verwendet werden die aus der Variobahn bekannten Sitze. Ihre Konstruktion wirkt wesentlich leichter und die Rückenlehne mit Buchenholzdekor bringt eine warme Komponente in das überwiegend in Grautönen gehaltene neue Design. Neue Seitenverkleidungen und neue Edelstahl-Haltestangen mit gelben Kontraststreifen erleichtern Sehbehinderten die Orientierung. Das neue Lichtkonzept sieht neu zwei durchgängige Leuchtenbänder mit indirekter Beleuchtung vor.
Auch im Führerstand setzt sich die Modernisierung fort. Für das Fahrpersonal wurde im Fahrerraum eine Klimaanlage realisiert, die im Zusammenspiel mit der nun geschlossenen Fahrerkabine für angenehme Temperaturen sorgen wird.
Die bisher vorhandenen Außenschwingtüren werden durch Schwenkschiebetüren ersetzt. Damit erspart man sich eine ausladende Mechanik und gewinnt Raum für Stehplätze im Einstiegsbereich.
Auch äußerlich präsentiert sich der R 2. künftig anders und trägt das im Jahr 2000 eingeführte Farbkonzept der MVG in Blau und Weißaluminium. Nicht nachvollziehbar ist allerdings die Weiterverwendung der bisherigen Matrixanzeigen, die von Anbeginn für Kritik in punkto Lesbarkeit gesorgt haben. Im Laufe der Jahre sind die einstmals neonfarbenen Elemente nun so weit ausgebleicht, dass sich die Situation sicher nicht verbessert hat. Hier sei auf das positive Beispiel des Münchner Namensvetters MVG in Mainz verwiesen, die bei ihren fast baugleichen Zügen GT6M schon vor Jahren gut lesbare LED-Anzeigen eingebaut haben.
Dennoch darf man das Ergebnis in der Summe als sehr gelungen bewerten.Mit vertretbarem Aufwand wurde eine signifikante Verbesserung des Erscheinungsbildes und ein zeitgemäßer Standard wie bei Neufahrzeugen erreicht. Ein in München so notwendiger Platzgewinn im Türbereich und damit ein Zuwachs an Gesamtkapazität bügelt auch den Nachteil der relativ kleinen Fahrzeuge zum Teil etwas aus. Die prinzipiell zuverlässigen Fahrzeuge, die dem Betriebsalltag auf sehr hohe Laufleistungen von über 80.000 km pro Jahr kommen, werden damit weiterhin auf Münchnens Schienen omnipräsent sein. Über ein mögliches Modernisierungsverfahren für die restlichen 18 Züge wird nach Abschluss des aktuellen Projekts Ende 2011 Abhängigkeit der für den Jahresfahrplan 2012 benötigten Fahrzeugkapazitäten entschieden. Denkbar ist eine reduzierte und dadurch zeitlich verkürzte Modernisierung, die sich bei diesen Fahrzeugen weitestgehend auf die zwingend notwendigen Reparaturen beschränkt. (Bilder: MVG)

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