- am 30.08.2008
- auf der Aktuellseite Hamburg / Schleswig-Holstein
- in der Kategorie Fähre
Alsterschippern, aber emissionsfrei: FCS "ALSTERWASSER" getauft!

"Wenn es in Hamburg wieder einmal eine Innovation zu feiern gibt, komme ich gerne wieder!" Mit diesem Versprechen schloss Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung seine Festrede angesichts der Taufe des FCS "ALSTERWASSER", des weltweit ersten kommerziell zu nutzenden Fahrgastschiffes mit Brennstoffzellenantrieb. "FCS" steht dabei für "Fuell Cell Ship": Brennstoffzellenschiff. Die elektrische Energie für den Antrieb des 25,56 m langen, 5,20 m breiten, 1,31 m tiefgehenden und 100 Fahrgäste fassenden Schiffes wird aus der exothermen chemischen Reaktion von mitgeführtem Wasserstoff mit Luftsauerstoff gewonnen, das entstehende Produkt (quasi das "Abgas") ist reiner Wasserdampf - und glücklicherweise kein reiner Wasserstoff, wie Günter Elste, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Hocbahn AG (HHA), irrtümlicherweise in seiner Ansprache verlauten ließ und damit ungewollt für eine heitere Atmosphäre unter den 150 geladenenen Gästen sorgte. Da der Wasserdampf, wie auch bei den sechs Linienbussen, die täglich in Hamburg unterwegs sind, sehr gut sichtbar ist, sprach Jens Wrage, Geschäftsführer der ATG Alster Touristik GmbH, an dem letzten Arbeitstag vor seiner Pensionieung in seiner Begrüßungsansprache davon, dass Hamburg nun wieder einen richtigen Alsterdampfer habe.
Die eigentliche Taufzeremonie am gestrigen Freitag, dem 29. August 2008, führte die Hamburger Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, Anja Hajduk, durch, wobei auf das Zerschellenlassen einer Champagnerflasche am Rumpf des von ihr auf den Namen "ALSTERWASSER" getauften Schiffes verzichtet wurde; stattdessen übergoss sie den Vorbau des Schiffes mit dem Inhalt einer passenden Schampus-Flasche.
Die beiden Brennstoffzellensysteme an Bord der ALSTERWASSER beschleunigen das Schiff auf bis zu 14 km/h bei nahezu vollkommen geräusch- und vibrationsfreier Fahrt, wobei die mitgeführten Wasserstofftanks das Schiff, das auch für den Hafenbetrieb zugelassen ist (einschließlich Abnahme durch den Germanischen Lloyd) und eigens hierfür einen um 35 cm absenkbaren Aufbau bekam, für einen regulären Betrieb von 2-3 Tagen ausreicht. Betankt wird das Schiff an einer eigens dafür gebauten und ebenfalls gestern offiziell eröffneten Wasserstofftankstelle in Barmbek auf dem Gelände der HHA. Hier befindet sich ein großer Tank, in dem Wasserstoff in flüssiger Form bei
-253 °C gelagert wird. Da der Wasserstoff auf dem Schiff nicht in flüssiger Form, sondern unter hohem Druck gasförmig gespeichert wird, muss der Wasserstoff vor der Betankung des Schiffes verdampft und in drei Kompressionsstufen von 1 auf 450 bar verdichtet werden, was mittels eines ionischen Verdichtungsverfahrens passiert. Erst dann kann das Wasserstoffgas auf das Schiff überführt werden, wo bei 350 bar und
+15 °C maximal 50 kg gespeichert werden können. "Einmal volltanken" dauert dabei 12 Minuten.
Die Gesamtinvestitionen betrugen 5,5 Millionen Euro, von denen die EU im Rahmen des LIFE-Projektes "ZEMSHIPS" - Zero Emission SHIPS - zur Reduzierung von Schadstoffemissionen für ökologisch sensible Binnengewässer und Häfen 2,4 Mio. trug und die restlichen 3,1 Mio. Euro von den insgesamt neun beteiligten Projektpartnern getragen werden. Gebaut wurde das Schiff in Hamburg von der Werft SSB Spezialschiffbau Oortkaten GmbH.
Ob die neue, durchaus innovative, Antriebstechnik alltagstauglich ist, muss sich jedoch erst noch zeigen. So ist ein Einsatz dieser neuen Technologie für den Fährlinienbetrieb im Hamburger Hafen (für HADAG-Fähren) derzeit nicht geplant, weil sich laut Jens Wrage mit der Brennstoffzellentechnik derzeit noch keine ausreichenden Geschwindigkeiten erzielen lassen - in der Tat geht es da auf der Alster mit maximal 14 km/h eher ruhig zu. Aber auch die Frage nach dem Wirkungsgrad muss noch beantwortet werden. Zwar ist die Gewinnung der elektrischen Energie aus der chemischen Reaktion von Wasserstoff- und Sauerstoffgas hocheffizient (der Wirkungsgrad liegt bei rund 50%), jedoch muss der Energieträger Wasserstoff erst einmal synthetisiert werden - und dies geschieht mehrere hundert Kilometer entfernt in Leuna (Sachsen-Anhalt) aus dem fossilen Energieträger Erdgas. Von Leuna wird der flüssige und auf
-253 °C heruntergekühlte Wasserstoff mit Tankwagen auf der Straße nach Hamburg-Barmbek transportiert, wodurch auch wieder Schadstoffemissionen freigesetzt werden.
Der planmäßige Betrieb des jüngsten "Alsterdampfers" soll im Herbst dieses Jahres aufgenommen werden.
Foto: Unmittelbar nach der Taufe legte die ALSTERWASSER gestern Nachmittag vom Anleger Rabenstraße zu ihrer Jungfernfahrt ab. Mit an Bord: Bundesminister Wolfgang Tiefenseee, Senatorin Anja Hajduk, ATG-Geschäftsführer Jens Wrage und HHA-Vorstandsvorsitzender Günter Elste.

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