- am 12.03.2016
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- in der Kategorie Allgemeine Meldungen aus der Region
Busspuren gelten auch für Leerfahrten

Es ist immer wieder überraschend, wie speziell die Themen doch zuweilen sind, die unsere aufmerksamen Leser und Diskutanten in unseren Foren aufgreifen, um darüber lebhaft zu debattieren. Manche Kontroverse wirft dabei sogar Fragen auf, die selbst der Fachmann auf Anhieb nicht beantworten kann.
Im konkreten Beispiel ging es um die umgangssprachlich als Busspuren deklarierten Sonderfahrstreifen und darum, ob auch Leer- bzw. Betriebsfahrten sie nutzen dürfen. Was auf den ersten Blick trivial wirkt, ist bei näherer Betrachtung schnell ein juristisch bis dato unklarer Präzedenzfall. Denn in § 41 Abs. 1 i. V. m. Anlage 2 lfd. Nr. 25 (Zeichen 245) StVO heißt es dazu wörtlich:
- Anderer Fahrverkehr als Omnibusse des Linienverkehrs sowie nach dem Personenbeförderungsrecht mit dem Schulbus-Schild zu kennzeichnende Fahrzeuge des Schüler- und Behindertenverkehrs dürfen Bussonderfahrstreifen nicht benutzen.
- Mit Krankenfahrzeugen, Taxen, Fahrrädern und Bussen im Gelegenheitsverkehr darf der Sonderfahrstreifen nur benutzt werden, wenn dies durch Zusatzzeichen angezeigt ist.
Folglich scheint das Privileg ausschließlich Bussen des Linienverkehrs und ggf. bei Vorhandensein eines entsprechenden Zusatzzeichens solchen des Gelegenheitsverkehrs vorbehalten. Doch was genau ist eigentlich Linienverkehr und was Gelegenheitsverkehr? Darüber wiederum lässt sich das Personenbeförderungsgesetz aus. Demnach ist laut § 42 PBefG Linienverkehr "eine zwischen bestimmten Ausgangs- und Endpunkten eingerichtete regelmäßige Verkehrsverbindung, auf der Fahrgäste an bestimmten Haltestellen ein- und aussteigen können", während Gelegenheitsverkehr nach § 46 PBefG nur für Verkehr mit Taxen, für Ausflugsfahrten und Ferienziel-Reisen oder Verkehr mit Mietomnibussen und mit Mietwagen in Betracht kommt.
Schnell erhärtet sich der Verdacht, dass Leer- und Betriebsfahrten zumindest nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zum auserlesenen Benutzerkreis dazugehören. Gleichwohl ist klar, dass eine derartige Lesart dem Ziel, den ÖPNV zu bevorrechtigen und zu beschleunigen, zuwiderliefe. Letztlich wären per se alle Fahrten ohne Fahrgäste betroffen. Auch jene, bei denen rasch ein Ersatzfahrzeug einer Linie zugeführt werden soll oder dispositiv Wagen getauscht werden müssen. Wie also ist es wirklich in diesem Zusammenhang um die Rechtslage bestellt? Eine erste Recherche im Internet bringt wenig Klarheit. Mannigfache Foreneinträge in unterschiedlichen Portalen zeigen aber umso mehr, dass das Thema immer wieder für Gesprächsstoff sorgt.
Eine persönliche Rechtsberatung bei der Juristischen Zentrale des ADAC liefert schließlich erste Hinweise. In dem Schreiben heißt es: "Zu der aufgeworfenen Frage ist soweit ersichtlich keinerlei Rechtsprechung veröffentlicht. Wir neigen hier jedoch zu der Auffassung, dass es auf die Art des Fahrzeugs und nicht auf tatsächliche Besetzung mit Fahrgästen ankommt."
BahnInfo gibt sich mit der Tendenz jedoch nicht endgültig zufrieden und kontaktiert einen der politisch Verantwortlichen, der es wissen muss - den nordrhein-westfälischen Verkehrsminister Michael Groschek. Der Minister reagiert prompt und bringt über seinen Referatsleiter René Usath Licht ins Dunkel:
Ein Bus nach den o. g. Bestimmungen darf nach Ansicht des MBWSV (Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen) auch dann Bussonderfahrstreifen benutzen, wenn eine Leer- oder Betriebsfahrt gänzlich ohne Fahrgäste durchgeführt wird. Schließlich definiert die StVO in den Maßgaben zu Zeichen 245 lediglich die zugelassenen Fahrzeuge und nicht den Auslastungsgrad der Fahrgastsitze.
Zudem ist zu bedenken, dass jede Leer- und Betriebsfahrt eines Linienbusses dem Einsatzortwechsel, dem Abstellen, der Bereitstellung oder der Wartung dient und somit letztlich auch dem Linienverkehr zuzuordnen ist. Darüber hinaus dienen Leer- und Betriebsfahrten auch dazu, Linienbusse und Busse im Schüler- und Behindertenverkehr unter Ausnutzung der Bussonderfahrstreifen möglichst ohne jedwede Zeitverzögerung zum Einsatzort bzw. Startort der Fahrstrecke zu befördern.
Bild: Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) des Landes Nordrhein-Westfalen (Foto: MBWSV/Ralph Sondermann)

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