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Hamburg Aktuell

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Die Geschichte der S-Bahn
Ohlsdorf-Flughafen Hamburg

von Alex Duwe

Die S-Bahnstrecke zum Flughafen Fuhlsbüttel wird mit Ihrem jetzigen angedachten Eröffnungstermin im Jahre 2008 eine Geschichte hinter sich haben, die wahrscheinlich einmalig im Bereich des ÖPNV in Deutschland ist. So wurde diese vor über 40 Jahren mit Zunahme des Luftverkehrs und der Vernetzung einzelner Verkehrssysteme erstmalig gefordert, jedoch nur spärlich von den damals agierenden verantwortlichen Institutionen, insbesondere den politischen, angegangen. Stattdessen wurde versucht, um den Forderungen zumindest nicht ganz tatenlos gegenüber zu stehen, erstmals die Bedeutung und den Nutzen zu erarbeiten und die Frage zu klären, ob der Bereich des Flughafens nicht anderweitig zu erschließen sei. Dieses sollte aber auf jeden Fall entweder durch eine U-Bahn oder S-Bahn erfolgen und somit die damalige bestehende Straßenbahnverbindung in jedem Fall aufheben, da dieses straßenbezogene Verkehrsmittel in der Politik damals weitestgehend als ausgedient und verpönt galt - und somit quasi auch einer autogerechten Stadt im Wege stand. Auch wurde die Möglichkeit forciert, den Flughafen still zu legen und einen größeren Ersatz in Kaltenkirchen zu errichten und die erforderliche Bahnverbindung über Quickborn oder Norderstedt mit einzurichten. Dafür wurden sogar die Flächen schon von den Gemeinden angekauft und verweilen bis heute. Im Gegenzug hat Hamburg nicht nur einen stattlichen Preis bezahlt sondern der Gemeinde Norderstedt die heutige U-Bahnverbindung U1 von Garstedt aus und zwei Schulen finanziert.
 
Erst in den 80er Jahren mit Zunahme der politischen Umweltbewegung und späteren parlamentarischen Aktivitäten sollte die Straßenbahn als Stadtbahn auch zum Flughafen gefordert werden. Die U-Bahn-Variante sollte als Verlängerung der geplanten U4 (Lurup-Sengelmannstraße) in einer Tunnelstrecke von der Sengelmannstraße zum Flughafen erfolgen. Da aber im Zuge der Finanzkrise des Hamburger Senates in den 70er Jahren der U-Bahnbau und auch der angedachte Bau eines Flughafen Kaltenkirchen weitestgehend auf das minimalste oder gar ganz zurückgestellt wurde, deutet bis heute nur noch der viergleisige Bahnhofsumbau der Station Sengelmannstraße auf die mögliche U-Bahnstrecke zum Flughafen hin.
 
Nachdem der U-Bahnbau nicht weiter forciert werden konnte, aber die Straßenbahn dennoch eingestellt war, wurde der Flughafen mit Bussen von Ohlsdorf aus bedient. Was zunächst als eine reine Interimslösung bis zur Eröffnung der U-Bahnstrecke galt, hat sich über Jahre hinweg bis heute als eine anstrengende Dauerlösung erwiesen. In den 80er Jahren war abzusehen, dass das Passagieraufkommen am damaligen Flughafen seine vorhandenen Kapazitäten erreichen würde, und Kaltenkirchen zu diesem Zeitpunkt nicht als Alternative in Frage käme. So wurde zumindest ein möglicher Schnellbahnanschluss bei den Planungen der Erweiterungsbauten (Terminal 4) durch einen Rohbau berücksichtigt. Dieser Rohbau kam Anfang der 90er Jahre in seine Ausführung und wurde damals als Quantensprung und als baldige Schnellbahnanbindung zum Flughafen der Öffentlichkeit angepriesen. Das es auf Grund von "Planfeststellungs- und Finanzierungsfragen" und sonstigen Fragen insbesondere politischer Herkunft noch bis über den Jahrtausendwechsel hinaus andauerte bis der reale Bau begonnen wurde, ist, wie man heute feststellen kann, nur noch mit dem Hamburger Satz "gut Ding braucht Weile" zu erklären.
 
Die 3,4 Kilometer lange S-Bahnstrecke, mit der wir im Jahre 2008 zum Flughafen fahren sollen, soll nach bisher zweimaliger Verschiebung des Eröffnungszeitpunktes auf Grund zahlreicher "baulicher Verzögerungen" mindestens 13 500 Fahrgäste täglich aufnehmen können und den derzeitigen 10 prozentigen ÖPNV-Anteil am Fahrgastaufkommen zum Flughafen deutlich erhöhen. Im Nachfolgenden wird beschrieben, wie nun die 3,4 Kilometer lange Strecke zur neuen Station Airport aussehen soll:
 
Bereich Ohlsdorf: Der Bahnhof Ohlsdorf soll im Zuge der Erweiterung der Gleichstromschnellbahntrasse zur Station Flughafen (Airport) eine umfassende Aufwertung erhalten. So soll das alte Stellwerk an der Nordseite des Bahnsteiges entfernt werden und durch ein neues elektronischen Stellwerkes (ESTW) westlich der S-U/Bahnhaltestelle gelegen, ersetzt werden. Des weiteren soll der Bahnsteig fahrgastfreundlicher durch einen ebenerdigen Bahnsteig, einen behindertengerechten Aufzug, umfassende Renovierung des Zugangsbauwerkes an der Nordseite und ein durchgehendes Bahnhofsdach umgestaltet werden. Außerdem sollen die Gleise von und nach Barmbek an der südlichen Seite weiter nach außen versetzt werden, um eine Kehrgleisanlage zu errichten. Diese soll ermöglichen, dass ggfs. Züge vom Airport bzw. Poppenbüttel in Ohlsdorf nicht mehr aufwändig gekehrt werden müssen. Die Architektur soll vom gleichen Architekten gestaltet werden, der schon den U-Bahnhof Ohlsdorf umgestaltet hat.
 
Bereich Airport: Der Bahnhof Airport wird die 60. Gleichstromschnellbahnstation im Hamburger S-Bahnnetz. Diese wird sich durch eine außergewöhnliche Architektur und Funktionalität auszeichnen. So soll der Vollzugfähige behindertengerechte S-Bahnsteig "Airport" ein so genanntes Medientragwerk erhalten, an dem Informationstafeln, Lichtanlagen, Beschallung sowie Sicherheits- bzw. abfertigungsrelevante Ausstattung errichtet werden sollen. Die Station erhält zwei durchgängige behindertengerechte Aufzüge in die Schalterhallen, die über einen Steg von den Abflug-/Ankunftebenen der Terminals 1 und 2 (derzeit noch unter Terminal 4 bekannt), mittig zum Süd- wie Nordende gelegen, zu erreichen sind. Auch Treppenaufgänge sowie Rolltreppen sind vorgesehen.
 
Bereich Betrieb: Die Strecke soll im 10 Minuten Takt mit Kurzzügen von Ohlsdorf bis Airport bedient werden. In Ohlsdorf werden die Züge nach bzw. von Poppenbüttel getrennt bzw. ergänzt werden. Es ist vorgesehen, dass der vordere Zug von/nach Poppenbüttel fährt und der hintere von/nach Airport. Damit soll die bisherige Verstärkung bzw. Schwächung von Zügen in Ohlsdorf weitestgehend entfallen. Die Strecken sollen mit der Baureihe ET 474 betrieben werden; sie kann auch mit künftigen Zweisystemfahrzeugen (ET 474.3, welche noch zusätzliche Dachstromabnehmer für den Einsatz nach Stade besitzen) befahren werden. Allerdings ist die Strecke auf Grund des Schildvortriebes und dem damit verbundenen angepassten Lichtraumprofil für eine Ausrüstung mit Oberleitung nicht vorbereitet.
 
Bereich Strecke: Die Strecke zum Airport verläuft ab dem Bahnhof Ohlsdorf über die neuerrichteten Bahnbrücken als innenliegende Abzweigstrecke von der S-Bahnstrecke nach Poppenbüttel in einem Trogbauwerk, das in die gemeinsame Ein-/Ausfahrt von/zum Flughafentunnel mündet. Danach verläuft diese als Tunnelschildvortriebsstrecke in einer Kurve vor der U-Bahnstation Klein-Borstel der Linie U1. Hier beginnt auch die Teilung in zwei Röhren die sich in Höhe der Umgehung Fühlsbüttel wieder zu einem gemeinsamen Tunnel vereinen. Beide "Röhren" werden in Abschnitten mit nahen Wohngebäuden mit einem sogenannten "Masse Feder System" in der Bauart "Feste Fahrbahn" ausgestattet, welches den Schall und Erschütterungen der fahrenden Züge verringern soll. Dieses System ist auch schon in ähnlicher Weise auf der U-Bahntrasse der Linie U2 nach Niendorf–Nord im Bereich Schippelsweg im Einsatz. Nach gemeinsam verlaufender Untertunnelung der Umgehungsstraße zum Flughafen soll das südlich der Station Airport gelegene Bahnhofsvorfeld beginnen, welches mit einer beidseitigen hintereinander liegenden Kehrmöglichkeit ausgestattet werden soll. Hier beginnt der Vollzug fähige Bahnsteig, wo auch über „Nacht“ Züge abgestellt werden sollen. In der Regel ist aber vorgesehen, dass die Züge in Ohlsdorf abgestellt werden. Die gesamte Strecke soll, bis auf den Bereich, wo das "Masse Feder System" zum Einsatz kommt, mit Betonschwellen auf Schotter versehen werden.
 
Bereich Stromversorgung: Die Stromversorgung erfolgt über die für die Hamburger S-Bahn typischen seitlichen Stromnebenführungen, welche seitlich beschichtet werden und für die Strecke zum Flughafen in Ihrer Ausführung noch modifiziert werden sollen. Die Stromversorgung für Strecke erfolgt sowohl aus dem vorhandenen Gleichrichterwerk (Glw) Ohlsdorf, welches für die Strecke zum Airport noch erweitert werden soll, als auch aus einem noch neu zu bauenden Glw Flughafen. Dieses hängt damit zusammen, dass die Entfernung zwischen diesen beiden Glw aus spannungstechnischen Gründen zu groß ist (mehr als 3,5 km). Zusätzlich besteht aber noch eine Rückfallebene, wodurch die Versorgung von Strom durch eine Noteinspeisung aus dem öffentlichen Stromnetz bzw. dem bahneigenen Stromnetz erfolgt.
 
Bereich Signaltechnik: Auf dieser neuen S-Bahnstrecke zwischen den Bahnhöfen Ohlsdorf und Airport ist ein modernes elektronisches Stellwerk (ESTW) mit KS-Signalisierung (Kombinationssignale) geplant, welches westlich der Gleisanlagen der S- und U-Bahn im Bereich Ohlsdorf errichtet werden soll. Das ESTW wird sowohl für den Bereich vom Einfahrsignal im Bahnhof Barmbek bis zum Einfahrsignal im Bahnhof Poppenbüttel, als auch für die unterirdische Neubaustrecke zum Airport Hamburg von Ohlsdorf aus, zuständig sein. Die darüber hinaus bestehenden elektromechanischen Stellwerke in Barmbek und Poppenbüttel sollen nach der derzeitigen Planung noch bestehen bleiben.
 
Danksagung:Wir bedanken uns herzlichst bei allen Institutionen, die uns hierbei unterstützt haben, insbesondere der BSU – Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt - und deren Mitarbeitern sowie der S-Bahn Hamburg und deren Mitarbeitern .
 
Kommentar des Autors: Was lange wird, wird endlich gut. Seit über 40 Jahren ist in Hamburg erwogen worden, eine Bahnverbindung zum Flughafen zu realisieren. Viele verschiedene Pläne und Varianten wurden erstellt, diskutiert und von den Parteien, Kammern und Verbänden, in Parlamenten, Ausschüssen und Sitzungen gefordert oder abgelehnt. Es wurde auch u.a. darüber diskutiert, ob der Flughafen per U-Bahn, S-Bahn, Stadtbahn angebunden wird oder gleich komplett woanders neu errichtet werden soll. In bis dato keiner anderen Stadt der Welt hat es so lange gedauert wie in Hamburg, um eine Schienenverbindung zu einem Flughafen zu realisieren. Selbst kleinere Städte wie München, Nürnberg, Dresden oder auch Hannover sind mitlerweile in wesentlich kürzerer Zeit per Schienenverbindung an ihren örtlichen Flughafen angebunden worden. In München ist man sogar schon soweit voran gediehen, das die bestehenden unterschiedlichen S-Bahnverbindungen in naher Zeit durch einen Transrapid ergänzt werden sollen. Dennoch sollten wir Hamburger uns endlich glücklich schätzen, im Jahre 2008 zum Flughafen mit der S-Bahn fahren zu können. Dieses wird ein großer Tag für den Flughafen, die S-Bahn und natürlich uns alle in der Metropolregion Hamburg und unseren Besuchern.

Hier geht es zu einer Fotoseite über den Bau der Flughafen S-Bahn



Bei Fragen oder Anregungen nehmen Sie bitte Kontakt mit den Autor auf.


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